Zwischen zwei Welten – Über Verantwortung, Veränderung und Heimat finden

Es ist schwer, ein Jahr in Worte zu fassen, das ein ganzes Leben umfasst. Aber ich werde es versuchen.

Vor einem Jahr stand ich an einem Wendepunkt. Ich musste meine Firma in Schweden schließen, mein Lebenswerk, das ich über 15 Jahre aufgebaut hatte. All die Zeitungsartikel, all die Fotos an den Wänden, all die Erinnerungen, die wie ein Herz in meinem Haus in Stockholm ruhten. Ich hatte nicht nur einen Job aufgegeben, ich hatte meine Identität aufgegeben.

Und so zog ich in die Schweiz, um als Flugbegleiterin zu arbeiten. Ich wusste nicht, ob das von Dauer sein würde. Würde ich in einem der teuersten Länder der Welt finanziell zurechtkommen? Würde ich meinen Platz finden? Würde ich einen Neuanfang schaffen?

Nebenbei arbeitete ich als RUN & LIFT Coach bei NOW Fitness. Dort lernte ich nicht nur etwas über den Körper, sondern auch über Disziplin, Beständigkeit und Kommunikation. Ich lernte, neue Routinen zu entwickeln, sie konsequent durchzuziehen und anderen zu helfen, ihre innere Stärke zu finden.

Aber was mich dieses Jahr am meisten getragen hat, ist etwas Größeres als das Training. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen. Für deine Entscheidungen. Für deine Gefühle. Für die Konsequenzen, auch für die, die du nicht kommen sahst.

Ich habe viel durchgemacht. Schulden, die mit der Firma einhergingen, ein Haus, das ich schließlich verkaufen musste. Schweden verlassen zu müssen, obwohl ich mich immer noch danach sehnte. Vor den Behörden zu stehen und zu sagen: „Ich weiß nicht, wie man eine Erklärung abgibt, ich bin Opernsängerin.“ Aber ich habe es trotzdem gesagt. Und ich stieß auf Verständnis. Auf Unterstützung.

Es ist etwas, das ich aus Schweden mitgebracht habe: den Glauben an offene Gespräche. Wenn man sich nur traut, ehrlich zu sein, gibt es einen Weg nach vorne.

Ich habe gelernt, dass Verantwortung nicht etwas ist, das man einfach so übernimmt, sondern ein Prozess. Man wächst hinein. Es ist wie die Traurigkeit, wenn man nach einer langen Pause nach Schweden zurückkehrt. Zuerst fühlt es sich falsch an, dann versteht man, dass es normal ist. Und schließlich fühlt es sich wieder wie Zuhause an.

Jetzt, ein Jahr später, stehe ich vor einer neuen Entscheidung. Soll ich zurückziehen? Ich möchte, habe aber noch keine Wohnung gefunden. Und ich habe gelernt, nichts zu überstürzen. Auf das Richtige zu warten. Nicht vor etwas davonzulaufen, sondern auf etwas zuzugehen.

Ich habe keine Angst mehr. Die Melancholie, die ich empfand, ist verschwunden. Ich habe meine Reise zurück begonnen. Nicht nur geografisch, sondern auch spirituell.

Meine Zukunft ist nicht in Stein gemeißelt. Ich habe meinen Job in Zürich nicht gekündigt. Wo ich genau wohnen werde, weiß ich noch nicht. Aber ich weiß, was ich mitnehme:

  • Ehrlichkeit.
  • Transparenz.
  • Verantwortung.
  • Disziplin.
  • Freundschaft.
  • Und Hoffnung.

Es ist leicht zu glauben, dass das Leben zusammenbricht, wenn man den Halt verliert. 

Aber manchmal lernt man erst dann fliegen.

//Florian 

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